Kategorie: Deutschland

  • Donnerstags im Fetten Hecht & Freitags in der Faulen Kobra von Stefan Nink

    Der Protagonist, der Autor nennt ihn schlicht Siebeneisen, lebt in Nordrhein-Westfalen, genauer in Oer-Erkenschwick. Aber dort bleibt er nicht. Als er donnerstags im Fetten Hecht erfährt, dass sein Freund Schatten 50 Millionen Euro geerbt hat, verlässt er diesen Ort mit dem westfälischen Dehnungs-e und macht sich auf Bitten von Schatten auf die Suche, sieben Miterben zu finden, ohne die die Erbschaft nicht wirksam wird. Natürlich leben die Sieben in den entlegensten Regionen der Welt… In seinen Roman wird deutlich, dass Stefan Link ist ein routinierter Reisebuch-Autor ist. Er erzählt humorvoll, spannend, sehr unterhaltsam.

    ‚Freitags in der faulen Kobra‘ ist sein zweiter Roman. Als Lokalredakteur Silbereisen an einem Yogakurs in einem indischen Palasthotel teilnimmt, bittet ihn ein Maharadscha um Hilfe und Silbereisen reist wieder los. „Im Fahrwasser des großen Entdeckers führt die Suche von Tonga nach Neuseeland, Kapstadt, Hawaii und Kanada. Und während sich Silbereisen mit Straußen, Eisbären und einem kleptomanischen Buschbaby herumschlagen muss und seine Freunde Wipperfürth und Schatten ihn aus dem Teehaus Zur faulen Kobra mehr oder weniger sinnvoll unterstützen, wird im Palast des Maharadschas ein ganz anderer Plan verfolgt.“( 1. Auflage, Limes Verlag, 2024)

  • Die dreizehn Monate von Erich Kästner

    Wir nehmen Erich Kästner beim Wort. Schließlich hat ein Großstädter diesen feinen, schmalen Gedichtband für Großstädter geschrieben. Und so lesen mein Mann Thomas und ich, seit vielen Jahren begeisterte FrankfurterInnen, uns – immer am ersten Tag eines neuen Monats – ein Gedicht des Dresdeners vor. Illustriert hat diesen Gedichtband der von uns beiden sehr geschätzte Hans Traxler. Hier kommt ‚Der September‘:

    „Das ist ein Abschied mit Standarten
    aus Pflaumenblau und Apfelgrün.
    Goldlack und Stern flaggt der Garten,
    und tausend Königskerzen glühn.

    Das ist ein Abschied mit Posaunen,
    mit Erntedank und Bauernball.
    Kuhglockenläutend zehn die braunen
    und bunten Herden in den Stall.

    Das ist ein Abschied mit Gerüchen
    aus einer fast vergessenen Welt.
    Mus und Gelee kocht in den Küchen.
    Kartoffelfeuer qualmt im Feld.

    Das ist ein Abschied mit Getümmel,
    mit Huhn am Spieß und Bier im Krug.
    Luftschaukeln möchten in den Himmel.
    Doch sind sie wohl nicht fromm genug.

    Die Stare gehen auf die Reise.
    Altweibersommer weht im Wind.
    Das ist ein Abschied laut und leise.
    Die Karussells dreht sich im Kreise.
    Und was vorüber schien, beginnt.“

  • 1945 von Volker Heise

    Brigitte Eicke ist eine Sekretärin in Berlin, Traudl Junge Hitlers Sekretärin im sogenannten Adlerhorst, Kurt Vonnegut, genannt Billy, ein Soldat der US-Armee in den Ardennen, Helmut James Graf von Moltke, ein inhaftierter Widerstandskämpfer in Berlin, Yves Béon, ein KZ-Häftling in Mittelbau-Dora und Georgi Konstantinowitsch Schukow ist ein Marschall der Roten Armee in Berlin. Diese sechs Personen sind nur einige, aus deren Sicht Volker Heise, ein Regisseur, Dramaturg, Produzent und Dokumentarfilmer, in dieser Chronik das Jahr 1945 Revue passieren lässt.

  • Planck oder Als das Licht seine Leichtigkeit verlor von Steffen Schroeder

    Max Planck, der große Wissenschaftler aus Kiel, 1918 ausgezeichnet mit dem Nobelpreis für Physik, steht als alter Mann vor einer der wohl größten Herausforderung seines Lebens: Hitlers Reichskulturkammer fordert ihn auf, einen Beitrag zur Broschüre „Bekenntnis zum Führer“ zu verfassen. Erwin Planck, sein Sohn und Widerstandskämpfer, ist vom Volksgerichtshof zum Tode verurteilt worden. Der Vater verweigert das Bekenntnis.

    Aber nicht nur über das Leben und Wirken des Nobelpreisträgers Planck habe ich in diesem Roman vieles erfahren, sondern ebenfalls über Plancks Weggefährten Albert Einstein, der in Princeton lehrt, während sein Sohn Eduard in Burghölzli, einer Heilanstalt in Zürich, haarsträubende ‚Behandlungen‘ über sich ergehen lassen muss.

    Der Roman hat mich sehr gefesselt.

  • Immun von Philipp Dettmer

    Per Anhalter durchs Immunsystem
    Philipp Dettmer? Noch nie gehört! Den YouTube 
    Kanal „kurzgesagt – in a nutshell“ noch nie gesehen? Dann geht es dir wie mir. Durch Zufall stoße ich auf das neu erschienene Buch mit dem kurzen Titel „Immun“. Geschrieben hat es der Münchener Informationsdesigner Philipp Dettmer. Auf Social Media ist er längst kein Unbekannter. Sein Kanal zählt mittlerweile 15 Millionen AbonntenInnen.

    ‚Immun‘ ist Dettmers erstes Buch. Der Wissenschaftsblogger bezeichnet sich selbst als „einen großen Fan des Immunsystems“ und das spürt man von der ersten bis zur vierhundertzweiunddreißigsten Seite dieses Sachbuches. Es ist so unterhaltsam und spannend geschrieben, dass ich es als Wissenschaft-Krimi bezeichnen möchte.

    „Stell dir vor, du wachst eines Morgens auf und du fühlst dich nicht gut. Nervige Halsschmerzen, laufende Nase, leichter Husten“. So beginnt Dettmer sein Werk und der/die geduzte LeserIn möchte wissen, wer den im Folgenden beschriebenen Kampf letztendlich gewinnen wird: „Die Eindringlinge“, Bakterien, Viren. Parasiten oder das „unsichtbare Killerheer“ (Komplementärstem), die „Mordspezialisten“ (Killer-T-Zellen) , die „Scharfschützen“ (Antikörper) und weitere Superwaffen, die deinem Körper bei Angriffen aus der Umwelt zur Verfügung stehen.

    Nach und nach nimmt Dettmer dich mit auf Entdeckungstour durch dein angeborenes und adaptiertes Immunsystem und stellt dir die Zellen deines Abwehrsystems so plastisch vor, dass du schon nach ein paar Kapseln das Gefühl hast, über die „gruseligen Typen“ in dir (Killerzellen), deine körpereigenen Killer-Universität (Thymus) und die Karrierewege deiner B-Zellen genau Bescheid zu wissen.

    Dabei schreckt der Autor auch nicht davor zurück, dir äußerst komplexe Zusammenhänge plastisch vor Augen zu führen. Das macht er indem er zum Beispiel die Funktion des sogenannten MHC-Moleküls der Klasse II (Haupthistokompatibilitätskomplex) anschaulich als „Hotdog-Brötchen“ bezeichnet. Das MHC-Molekül ist das Brötchen, das Antigen der Hotdog.

    Schön und gut beschrieben, aber du gehörst eher zu den visuellen Typen? Auch diese kommen in „Immun“ voll auf ihre Kosten. Philipp Laibchen, Chef-Kreativdürektor des bereits erwähnten YouTube-Kanals steuert 44 farbige Illustrationen bei, auf denen die multiplexe Welt unseres beeindruckenden Immunsystems bunt zur Geltung kommt.

    „Immun“ ist unterhaltsam und lehrreich: Für alle, die gerade in Zeiten einer Pandemie wissen wollen, wie das Immunsystem funktioniert, wie Impfungen wirken oder was bei Autoimmunerkrankungen falsch läuft. Aber auch für diejenigen, die bereits über ein gewisses Vorwissen verfügen, aber ihre Kenntnisse in der Immunologie auf den neusten Stand bringen möchten.
    23.2.2022

  • Houwelandt von John von Düffel

    John von Düffel kenne ich aus unserer gemeinsamen Schulzeit auf der Cäcilienschule in Oldenburg. Jetzt schätze ich ihn als Autor wasseraffiner Romane. Houwelandt habe ich mit höchstem Genuss gelesen. Schreib bitte weiter, John!

  • Zur See von Dörte Hansen

    In ihrem neuen Buch skizziert Dörte Hansen die Bewohner und Bewohnerinnen einer Nordseeinsel. Ich lese über das Leben von Ryckmer, Hanne, Eske, Jens und Pastor Lehmann und bin sofort da. Habe die rauhe See und das besondere Licht des Nordens vor Augen, rieche die frische Seeluft, höre die Möwen kreischen und die Leute Platt schnacken.

  • Kummer aller Art von Mariana Leky

    Ich bin keine große Freundin von Kurzgeschichten. Diese von Mariana Leky fand ich allerdings sehr unterhaltsam und amüsant. Ich habe diese vielseitigen Geschichten mit Genuss gelesen. Sie sind, bevor sie zu diesem Buch wurden, als literarische Kolumnen in ‚Psychologie heute‘ erschienen.

  • Sie kam aus Mariupol von Natascha Woden

     In „Sie kam aus Mariupol“ erzählt Natascha Wodin vom Leben ihrer Mutter, die als junge Frau während der NS-Zeit als Zwangsarbeiterin nach Deutschland verschleppt wurde. DIE ZEIT schreibt sehr zutreffend über das Buch: „Die katastrophalen Geschichtsbrüche des 20. Jahrhunderts werden en miniature verhandelt, aber mit existenzieller Wucht.“

  • Pflaumenregen von Stephan Thome

    Die Protagonisten dieses Romans von Stephan Thome sind für mich nicht so richtig „lebendig“ geworden. Aber über die Geschichte Taiwans von den 1940er Jahren bis heute habe ich viel dazugelernt.

  • Zebras im Schnee von Florian Wacker

    frankfurtliesteinbuch In jedem Frühjahr aufs Neue: Eine richtig gute Aktion!Zebras im Schnee“ thematisiert das Stadtplanungsprogramm ‚Neues Frankfurt‘ in der Zeit von Ernst May und Martin Elsässer. Das fand ich interessant. Die Protagonistinnen Ella und Franziska dagegen sind für mich eher farblos geblieben. Die Dialoge habe ich häufig als aufgesetzt und wenig authentisch empfunden. Florian Wackers Schreibstil hat mich nicht mitgerissen. Aber natürlich lese ich jedes Jahr mit, wenn es wieder heißt Frankfurt liest ein Buch!